23.05.2022
Der von vielen Handwerkern nach zwei Jahren Corona-Infektionsgeschehen erhoffte Wirtschaftsaufschwung ist durch anhaltende Lieferengpässe, gestiegene Kosten für Rohstoffe, Vorprodukte und Energie, fehlende Fachkräfte sowie durch den Russland-Ukraine-Krieg vorerst in weite Ferne gerückt. Sogar Betriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, die trotz Corona ihre Rolle als Konjunkturmotor behaupteten, sind angesichts gestörter Lieferketten für Vorprodukte stark verunsichert. Sie befürchten, dass Preise für Baumaterialien wegen des Krieges weiter in die Höhe schnellen.
„Eine so unübersichtliche Lage im Geschäftsalltag hatten wir lange nicht, zumal Personalausfälle durch Corona-Infektionen Handwerksbetriebe zusätzlich unter Druck setzten. Am meisten zu schaffen machen uns derzeit galoppierende Einkaufspreise, so für Holz, Stahl, Mineralölerzeugnisse und Gas. Dies macht eine Kalkulation von Handwerksleistungen immer schwieriger. Auch lassen sich höhere Kosten nur bedingt an Kunden weiterreichen. Von der Politik erwarten wir, dass Unternehmen steuerrechtlich entlastet werden“, wie Handwerkstag-Vizepräsident Tobias Neubert am Montag vor der Presse in Dresden sagte.
Laut Frühjahr-Konjunkturbericht 2022 bewertet – über alle Gewerbegruppen hinweg – trotz der aktuellen Hürden mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent) ihre Geschäftslage mit gut, 38 Prozent mit befriedigend, 11 Prozent mit schlecht (im Vergleich zur Vor-Corona-Frühjahrsumfrage 2019 - gut: 68; befriedigend: 28; schlecht: 4 Prozent). Gedämpft-optimistisch sind die Erwartungen für die nächsten Wochen: Mit besseren bzw. gleichbleibenden Geschäften rechnen 81 Prozent der Betriebe; knapp ein Fünftel befürchtet einen Abschwung.
Konjunkturlokomotive im Gesamthandwerk bleiben – wie schon vor der Corona-Krise – Betriebe des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes. Firmen beider Gewerbezweige geben die Geschäftslage zu 55 bzw. 67 Prozent (Frühjahr 2019: 72 bzw. 78) mit gut sowie zu 36 bzw. 27 Prozent (2019: 26 bzw. 19 Prozent) mit befriedigend an. Ein großer Teil der Aufträge entfällt zudem auf Handwerker, die für den gewerblichen Bedarf arbeiten (Feinwerkmechaniker, Elektromaschinenbauer, Metallbauer usw.).
Durchwachsen bis kritisch stellt sich die Geschäftslage bei Betrieben des Kfz-Gewerbes, im Nahrungsmittelgewerbe (Bäcker, Fleischer, Konditoren), bei Gesundheitshandwerken (Augenoptiker, Hörakustiker u.a.) und vor allem bei Anbietern personenbezogener Dienstleistungen (Friseure, Fotografen, Goldschmiede, Maßschneider etc.) dar. In diesen vier Gewerbegruppen benotet ein hoher Anteil von Betrieben ihre Lage sogar mit „schlecht“.
Bei der Beschäftigtenzahl setzen Handwerksbetriebe angesichts vorherrschender Fachkräfteknappheit in nahezu allen Branchen des Wirtschaftsbereichs offenbar auf Stabilität. So gibt mit anteilig 76 Prozent (2019: 80) mehr als Dreiviertel der befragten Betriebe an, den Personalbestand konstant gehalten zu haben. Von Zuwächsen in der Belegschaft sprechen 9 Prozent der befragten Firmen (vornan hier: Nahrungsmittelgewerbe), während 15 Prozent der Firmen (2019: 11) darauf verweisen, die Belegschaft verringert zu haben.
In den meisten Gewerken gegenüber Vor-Corona-Krisenzeiten weitgehend stabil geblieben sind die Umsätze für handwerkliche Produkte und Dienstleistungen. 49 Prozent der Befragten (2019: 60) kommen bei Umsätzen auf Vorjahreswerte, 25 Prozent (2019: 19) auf Zuwächse. Mehr als ein Viertel (2019:
21 Prozent) zeigt Umsatzeinbußen an.
Einen Positivtrend gibt es bei Verkaufspreisen: Immerhin 70 Prozent der befragten Betriebe (2019: 43) – und zwar über alle Gewerbegruppen hinweg – hat eigenen Angaben zufolge höhere Preise am Markt durchsetzen können. Dagegen melden nur noch 28 Prozent der Betriebe (Frühjahr 2019: 55), Preise analog zu Vorjahren kalkuliert zu haben.
Ungeachtet derzeitiger Turbulenzen auf den Märkten bewegen sich die Werte bei Auftragseingängen/Auftragsbestand im Sachsen-Handwerk in etwa auf dem Niveau aus Vor-Corona-Zeiten.
17 Prozent der Firmen geben Zuwächse an (2019: 21 Prozent); für knapp zwei Drittel (2019: 73 Prozent) der Befragten entspricht die Auftragslage den Werten vom Frühjahr 2019. Knapp ein Fünftel (2019: 6 Prozent) verweist auf gesunkene Auftragseingänge. Auftragseinbrüche signalisieren in erster Linie personenbezogene Dienstleister, Betriebe des Kfz-Gewerbes sowie die von Gesundheitshandwerken. – Unterm Strich: Über alle Gewerbegruppen hinweg beläuft sich die Auftragsreichweite im Handwerk auf durchschnittlich 12,8 Wochen.
Unverändert wichtig als Thema bleiben fürs Handwerk Investitionen in Ausstattung und Ausrüstungen. Laut Konjunkturbericht geben hierfür 12 Prozent der Betriebe (2019: 13) mehr Mittel aus, während 55 Prozent der Firmen (2019: 63) für derartige Ausgaben das Budget aus Vorjahren zugrunde legten.
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An der Frühjahrskonjunkturumfrage 2022 im sächsischen Handwerk beteiligten sich 1.585 von insgesamt 7.836 angeschriebenen Unternehmen; die Rücklaufquote beläuft sich damit auf 20,2 Prozent.
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