11.11.2024
Mit Blick auf die anhaltende Fachkräfteknappheit in Handwerk und Mittelstand erwartet der Sächsische Handwerkstag von den künftig Regierenden auf Landesebene, die Rahmenbedingungen für Bildung und duale Berufsbildung deutlich zu verbessern. „Schulische Allgemeinbildung und Berufsbildung müssen für die neue Landesregierung höhere Priorität haben. Eine verlässlichere finanzielle Ausstattung von Bildungsaufgaben im Landesetat muss auch den Kommunen zugutekommen, wenn wir aus der Fachkräfte-Misere heraus-kommen wollen“, wie der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Uwe Nostitz, am Montag vor Medienvertretern in Dresden sagte.
Laut Fachkräfte-Monitoring 2024 der sächsischen Wirtschaft sind Facharbeiter und Gesellen mit Abstand die meistgesuchten Arbeitskräfte, anteilig vor allem im Handwerk! Branchenübergreifend entfällt auf Facharbeiter und Gesellen nahezu jede zweite offene Stelle.
Handlungsdruck, die Thematik Bildung/Berufsbildung verstärkt in den politischen Fokus zur rücken, resultiert nicht zuletzt aus einem aktuellen Befund des Bundesinstituts für Berufsbildung, Bonn: Danach ist die Zahl junger Menschen unter 35 Jahren ohne Berufsabschluss deutschlandweit mittlerweile auf rund 2,9 Millionen gestiegen. Damit ist jetzt fast jeder Fünfte (!) in dieser Altersgruppe davon betroffen.
„In diesem Sinne müssen wir politisch den Hebel noch entschlossener bei der Bildung und der dualen Berufsbildung ansetzen, um sächsischen Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben aus Handwerk und Gewerbe am Markt auch künftig eine Zukunft zu sichern“, forderte der sächsische Handwerkspräsident.
Mehr Augenmerk auf stärkere allgemeinbildende Schulen legen
Großen Wert legt das Handwerk darauf, dass Oberschulen in Stadt und Land gleichermaßen gestärkt werden, zumal rund 80 Prozent der Azubis im Handwerk Absolventen von Oberschulen sind. Wichtig ist, Oberschulen zu Talenteschmieden der Berufsbildung zu entwickeln – mit einer bestmöglichen materiell-technischen Ausstattung und bester Lehrkräfteversorgung. „Umso mehr muss uns der extrem hohe Unterrichtsausfall beunruhigen, da solche Defizite später auch Lernerfolge an den Berufsschulen verbauen“, sagte der Präsident unter Bezug darauf, dass im Schuljahr 2023/2024 in Sachsen an allgemein-bildenden Schulen rund 1,7 Millionen Unterrichtsstunden ausgefallen sind.
Diesem Dilemma muss die neue Landesregierung mit größerem Engagement begegnen, so Nostitz. So sollten zum Beispiel Fachunterricht auch in digitaler Form angeboten beziehungsweise die dualen Hochschulen ermächtigt werden, auch Bildungsangebote aufzunehmen, die sich an Quereinsteiger in den Lehrerberuf richten.
Mehr Augenmerk auf stärkere Berufsschulzentren legen
Wirksamere Pflöcke muss die neue Landesregierung aus Handwerkssicht ebenso auf dem Gebiet der Berufsschulzentren im Freistaat einschlagen, um die Qualität von dualer Berufsausbildung in ganz Sachsen zu erhöhen.
Nostitz verwies in diesem Kontext auf Einschätzungen von Bildungsfachleuten, wonach das bislang relativ stabile System der dualen Berufsausbildung „schulseitig zu erodieren und die für die Wirtschaft notwendige Qualität zu verlieren“ droht – dies nicht zuletzt bei der Versorgung von Lehrkräften an den Berufsschulen. Nach amtlichen Angaben scheiden im Freistaat bis zum Jahr 2030 zwei Drittel der Lehrkräfte altersbedingt aus, reichen Immatrikulationen fürs Lehramt an berufsbildenden Schulen, so im gewerblich-technischen Bereich, bei weitem nicht aus.
„Ganz offenbar kommt es dabei auch darauf an, dem Berufsschullehrer-Image neuen Glanz zu verleihen, um auch so mittel- und langfristig motivierten, qualifizierten Berufsnachwuchs zu gewinnen“, machte der Präsident klar.
Als gravierendes Problem gilt unverändert das Fehlen von ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum für Azubis an den Berufsschulstandorten. Die Landesregierung, so Nostitz, müsse endlich ihr Versprechen einlösen und gemeinsam mit den Kommunen kostengünstige Übernachtungsmöglichkeiten für die aus größerer Entfernung anreisenden Lehrlinge schaffen.
Mehr Unterstützung des Landes brauchen die Kommunen darüber hinaus bei der Aufgabe, die Berufsschulstandorte zu sanieren und auf einen modernen Standard zu bringen.
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Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag aktuell rund 55.000 vorwiegend Kleinst- und Klein-betriebe, in denen etwa 280.000 Menschen beschäftigt sind.